Wenn sich Krise an Krise reiht, ist das weder für Unternehmen noch für Investoren eine einfache Situation. Unternehmen haben Investitionsbedarf, doch aufgrund von steigenden Zinsen agieren sie zurückhaltender. Für Investoren sind die steigenden Zinsen ebenfalls ein Problem, da Unternehmen weniger in ihr Wachstum investieren, was zu stagnierenden oder fallenden Aktienkursen führt. Dass all diese Probleme jedoch auch für beide Seiten Chancen bieten, wird dabei häufig übersehen. Eine mutmachende Analyse für 2023.
Einfluss der steigenden Zinsen auf die Wirtschaft
Schon im Jahr 2022 wurden von den Zentralbanken weltweit die Leitzinsen stark angehoben, um der Inflation entgegenzuwirken. Die Schweiz bildet dabei keine Ausnahme, Obwohl hierzulande die Inflation geringer ist als in anderen europäischen Ländern,
Der Leitzins beträgt derzeit 0,50% und liegt damit deutlich unter dem Leitzins der Eurozone (2,00%). Experten gehen jedoch davon aus, dass die SNB ab Mitte 2023 weitere Zinserhöhungen einleiten könnte.
Für die Wirtschaft bedeuten die steigenden Zinsen, dass die Zeiten von günstigen Krediten erst einmal beendet sind. Das heisst, Investitionen werden teurer. Unternehmen agieren verhaltener und schieben Investitionen, die nicht absolut notwendig sind, öfters auf die lange Bank. Das hemmt die Innovation und bremst das Unternehmenswachstum.
Erkennen konnte man das schon im Lauf des Jahres 2022, als die globalen Aktienmärkte wieder stark einbrachen, nachdem sie sich nach der Corona-Krise gerade erst wieder erholt hatten. Investoren ziehen verstärkt ihr Kapital aus Aktien zurück und suchen nach Alternativen.
Banken schrauben die Hürden für die Kreditvergabe höher
Da die Belastung durch höhere Kreditzinsen die Liquidität von Unternehmen schmälert, sind auch Banken bei der Kreditvergabe vorsichtiger. Besonders für junge Unternehmen, die noch in der Wachstumsphase sind und kaum Rücklagen haben, weil der Grossteil ihrer Einnahmen direkt wieder ins Wachstum gesteckt wird, haben es nun schwer einen Bankkredit zu erhalten.
Doch auch bei bereits etablierten Unternehmen schauen die Banken nun sehr genau hin, weil sie kein erhöhtes Risiko eingehen wollen. Wer also keine hervorragende Bonität vorzuweisen hat, geht immer öfters leer aus. Steigen die Zinsen nächstes Jahr noch weiter an, wird sich dieses Problem insbesondere für Startups und KMU weiterhin verschärfen.
Einfachere Kreditvergabe bei Crowdlending
Wenn Unternehmen es künftig schwerer haben werden, einen Bankkredit zu erhalten, werden sie sich automatisch nach Alternativen umsehen. Crowdlending wird deshalb in den kommenden Jahren eine noch bedeutendere Rolle spielen.
Dabei wird eine Kreditsumme nicht von einem, sondern von mehreren Kreditgebern bereitgestellt und das Risiko somit auf mehrere Schultern verteilt. Das hat den Vorteil, dass auch Unternehmen, die bei einer Bank keinen Kredit erhalten, per Crowdlending ein Darlehen bereitgestellt bekommen, wenn genügend Investoren in dem Finanzierungsprojekt Potenzial sehen.
Laut einer Studie der Hochschule Luzern verzeichnete Crowdlending in der Schweiz schon in den beiden ersten Krisenjahren 2020/21 einen Anstieg von 35% auf ein Kreditvolumen von CHF 607 Millionen. Es ist davon auszugehen, dass dieser Sektor immer attraktiver wird, wenn Banken die Kredithürden weiterhin erhöhen.
Risiken und Chancen für Kreditnehmer und Kreditgeber
Aus den oben dargestellten Zusammenhängen lassen sich nun sowohl Risiken als auch Chancen für Schweizer Unternehmen und Investoren ableiten.
Kreditnehmer
Risiken:
- Kredite werden teurer, was zu höheren Investitionssummen führt
- Höhere Kreditraten belasten die Liquidität zusätzlich und zehren am Gewinn
Chancen:
- Mit Crowdlending gibt es eine Alternative zu Bankkrediten, sodass Unternehmen dennoch an ein Darlehen kommen können, wenn genügend Investoren Potenzial im Projekt sehen
- Investitionen müssen nicht in allen Fällen auf die lange Bank geschoben werden, wenn man zu attraktiven Konditionen einen Kredit erhalten kann
- Wer noch vor Mitte 2023 vor einer möglichen weiteren Leitzinserhöhung einen Kredit aufnimmt, kann langfristig Geld sparen
Kreditgeber
Risiken:
- Höheres Ausfallrisiko von Krediten, wenn Unternehmen mangels Liquidität ihren Ratenzahlungen nicht mehr nachkommen können
Chancen:
- Crowdlending ist ein Wachstumsmarkt, der Investoren nach wie vor solide Renditen bietet, die höher sind als die gegenwärtige Inflation
- Mehr Sicherheit bei der Kapitalanlage als am Aktienmarkt, da höhere Zinsen das Wachstum bremsen und zu einer Rezession am Weltmarkt führen
Wiegen die Chancen die Risiken auf?
Auf Kreditnehmerseite
Auf Seite der Kreditnehmer ist nicht zu leugnen, dass diese in Zukunft tiefer in die Tasche werden greifen müssen, um Investitionen zu tätigen. Während der Tilgungsphase ist ein Unternehmen somit einer höheren Liquiditätsbelastung ausgesetzt.
Diese Belastung muss kompensiert werden, entweder durch höhere Verkaufspreise oder durch Kostensenkungen. Das stellt Unternehmen vor grössere Herausforderungen, da möglicherweise tiefe Eingriffe in die Prozesse notwendig sind, damit das Geschäft rentabel bleibt.
Auf der anderen Seite sind es gerade diese Herausforderungen, die das Unternehmen in kurzer Zeit sehr weit voranbringen können. Nimmt es einen Kredit auf und investiert weiterhin in sein Wachstum, bleibt es konkurrenzfähig. Ist es dazu noch gezwungen, seine Prozesse zu optimieren, wird es langfristig rentabler. Der Zwang zur Modernisierung ist somit mehr Segen als Fluch.
Auf Kreditgeberseite
Investoren flüchten derzeit verstärkt vom Aktienmarkt, weil die weltweit angestiegenen Zinsen das Wirtschaftswachstum bremsen und folglich die Unternehmenswerte stagnieren. Da auch Investoren ihr Kapital vor der höheren Inflation bewahren wollen, sind sie auf der Suche nach Investitionsformen, die Renditen bieten, die mindestens die Inflation ausgleichen.
Da Unternehmen trotz hoher Zinsen weiterhin Investitionen tätigen müssen, um konkurrenzfähig zu bleiben, ist der Crowdlending-Markt für Investoren gerade und in der kommenden Zeit besonders interessant. Kreditanfragen wird es auch in Zukunft geben, sodass Anleger ihr Kapital in Crowdlending-Projekte investieren und dabei von einer stabilen Rendite profitieren können.
Fazit: Viele Chancen für Kreditnehmer und Kreditgeber
Die hohe Inflation und die steigenden Zinsen stellt Unternehmen hart auf die Probe. Investieren sie jedoch weiterhin in ihr Wachstum, profitieren sie langfristig: Sie setzen sich von der Konkurrenz ab, die möglicherweise vorsichtiger ist, und etablieren sich so fester am Markt.
Wirtschaftlich herausfordernde Zeiten sind zudem eine ideale Gelegenheit, Unternehmensprozesse auf den Prüfstand zu stellen und zu optimieren. Auch das trägt langfristig zu mehr Profitabilität und Rentabilität bei. Wer als Unternehmen also im Jahr 2023 in sein Wachstum investiert, nutzt die Gunst der Stunde, um sich zu erneuern und seinen Erfolg langfristig sicherzustellen.
Investoren, die einen Teil ihres Kapitals in Crowdlending-Projekten anlegen, profitieren von stabilen Renditen. Letzteres ist am Aktienmarkt in der kommenden Zeit nicht zu erwarten.
Da es trotz steigender Zinsen immer Unternehmen geben wird, die einen Kredit benötigen, wird sich die Nachfrage nach Crowdlending-Darlehen insbesondere in den kommenden Jahren stark nach oben entwickeln. So haben Investoren eine zukunftsträchtige alternative Anlageform, mit welcher sie nicht nur ihr Kapital erhalten, sondern auch eine Rendite einfahren.